Mittags in der Marktkirche: Einfach mal reden

Nachricht Hannover, 07. Oktober 2015

Neue Cityseelsorge bilanziert hohen Gesprächsbedarf

". . . wir sind für Sie da", verspricht der Flyer, mit dem die neue Cityseelsorge für ihr Angebot in der hannoverschen Marktkirche wirbt. Erfolgreich und offenbar dringend gebraucht, wie die ersten Monate seit dem "stillen Start" im Frühjahr 2015 zeigen. Stephan Lackner, Pastor in der Wiedereintrittsstelle "Kirche im Blick", hat die seit langem kursierende Idee kurzerhand und ohne großen Aufwand gemeinsam mit der Marktkirchen-Gemeinde und der Citykirchenarbeit des Stadtkirchenverbandes umgesetzt. Zusammen mit einem Team von neun Seelsorgerinnen und Seelsorgern bietet er seit März montags bis sonnabends von 13.30 bis 15 Uhr in der Marktkirche an: "Einfach mal reden - kostenlos, religionsunabhängig, anonym und verschwiegen".

Nach einem halben Jahr ist für Stephan Lackner überdeutlich, dass die Cityseelsorge nicht mehr wegzudenken ist. Fast immer, wenn ein Mitglied seines Cityseelsorge-Teams am frühen Nachmittag in der Taufkapelle im Nordschiff präsent ist, kommen Menschen zum Reden. Männer und Frauen sind nahezu gleichstark vertreten - quer durch alle Altersgruppen.

Im geschützten Raum der Taufkapelle und vom mächtigen Taufbecken im Zweifelsfall vor Blicken und Störungen verborgen, ist das Spektrum der Themen groß. Krankheiten, Trauer, Konflikte sind häufig der Grund für den Gesprächswunsch, aber auch die Suche nach dem Sinn des Lebens, die Bitte, gemeinsam ein Gebet zu sprechen, Tipps für konkrete Hilfsangebote und theologische Fragen führen die Menschen zur Mittagszeit in die Marktkirche.

"Gold und Silber habe ich nicht; was ich aber habe, das gebe ich dir." Mit diesen Worten von Petrus aus der Apostelgeschichte unterstreicht Stephan Lackner eine wichtige Regel der Cityseelsorge: Bitten um Geld- und Sachspenden kann nicht entsprochen werden. "Aber was wir haben, geben wir", so der Pastor weiter: "Zeit für Menschen. Ein offenes Ohr für ihre Anliegen. Die Bereitschaft, mitzudenken, mitzubeten und zu segnen."

Das Rezept für den Erfolg des zunächst nur vor Ort kenntlich gemachten neuen Angebotes sieht Stadtsuperintendent Hans-Martin Heinemann auch in "der Möglichkeit, eine Ansprechperson zu finden, bei der man sich nicht anmelden muss und anonym bleiben kann. Persönliche Seelsorge ist eine der Urformen von Kirche. Kaum etwas ist wertvoller als solch ein persönliches Gespräch. Es ist wunderbar und wichtig, dass wir das täglich so leicht erreichbar anbieten können."

Ein wichtiger Aspekt sind Anonymität und Unverbindlichkeit. "Viele Menschen suchen zwar eine Möglichkeit zum Gespräch, aber wenn man erst einen Termin machen muss, scheuen sie sich oder haben den Eindruck, dass ihr Anliegen dafür doch nicht so wichtig oder dringlich ist", weiß Lackner aus Erfahrung. Zudem seien Pastor oder Pastorin vor Ort oft "zu dicht" dran: "Man möchte sich nach so einem Gespräch nicht unbedingt gleich wieder begegnen."

Die Cityseelsorge in der Marktkirche umgeht viele dieser Probleme auf dem Weg zu einem klärenden, helfenden Gespräch, das allen Menschen offen steht, aber inhaltlich absoluten Vertrauensschutz genießt. Nichts von dem Gesprochenen verlässt die Mauern der Marktkirche, versichert das Seelsorge-Team. Es ermuntert, für sein Angebot zu werben:
"Sagen Sie es weiter, denn wir sagen nichts weiter!"