Foto: Markus Lampe

Hoffnung nach der Brandnacht

Nachricht Willehadikirche, Garbsen, 30. September 2018

Frauen der Willehadikirche Garbsen gestalten Antependien aus "Hoffnungsbändern"

"Hoffnungsbänder" haben sie sie genannt. Tausende rote, grüne, blaue, kleine und große Stoffbänder, die am Bauzaun hingen, damals nach dem großen Brand. Im Juli 2013 zerstörte ein Feuer über Nacht die Garbsener Willehadikirche und "wir waren tief geschockt, verstört und fühlten uns hoffnungslos", erzählt Pastorin Renate Muckelberg. "Wir wollten etwas dagegen tun, ein Zeichen setzen." Muckelberg erinnerte sich an einen Brauch in Irland, Quellen und besondere Orte in der Natur mit bunten Bändern zu kennzeichnen, und inspirierte ihre Gemeinde zu der Idee, Hoffnungsbänder am Bauzaun zu befestigen. "Die Initiative wurde sehr schnell ein Selbstläufer", berichtet sie. "Menschen aus dem ganzen Stadtteil kamen und knüpften Bänder oder Kirchentagsschals in den Maschendraht, Schulklassen, Kindergarten- und Sportgruppen waren darunter." Sogar eine Kindergottesdienst-Gruppe aus Hessen schickte einen Beitrag. Knapp vier Jahre wehten die bunten Stoffzeichen im Wind, dann wurde der Bauzaun abmontiert und im Februar 2017 die neu erbaute Willehadikirche wieder eingeweiht.

Dass die Bänder, die für die Menschen ein Hoffnungszeichen geworden waren und das Wiedererstehen der Kirche begleitet hatten, nun einfach im Müll verschwinden sollten, ging Pastorin Muckelberg gegen den Strich. Auch Gemeindemitglied Sigrid Pohl und Küsterin Bibby Kania wollten sich nicht von den Bändern trennen. Gemeinsam entwickelten sie die Idee, aus den Stoffbändern einen Altarbehang zu kreieren. "Ich hatte immer schon den Traum, für Willehadi einmal ein Antependium zu gestalten", sagt Kania. Mit ihrer mehr als vierzigjährigen Erfahrung in textiler Gestaltung schuf Pohl einen Musterentwurf, der in einer Gruppe von sechs Frauen dann umgesetzt wurde. "Wir haben die Stoffbänder sortiert, gewaschen, gebügelt und in kleinen Quadraten vorsichtig auf einen Untergrund geklebt", erzählt Pohl. Nach Jahren in Wind und Wetter waren die Textilien brüchig und die Frauen mussten sehr vorsichtig zu Werke gehen. So entstanden 95 gemusterte Stoffteile, die Pohl dann mit Tüll abgedeckt auf einen festen Untergrund nähte, ähnlich der Quilt-Technik. Aus 80 Quadraten besteht der Altarbehang, 15 Stoffecken bilden das Kanzelantependium. "Das Altartuch hat innen helle Farben und wird nach außen hin immer dunkler", beschreibt Pohl. "Das symbolisiert für mich das Feuer in der Brandnacht." Auf dem Kanzelbehang ist ein rotes Kreuz zu erkennen. "Die Farb- und Mustergestaltung hat für uns einen theologischen Hintergrund", sagt Kania. "Es geht vom Dunkel ins Licht, das ist auch unsere Geschichte in Willehadi." Der Brand habe die Menschen in ein tiefes, dunkles Tal geführt, darin seien sie aber nicht steckengeblieben, denn das Licht am Horizont sei für sie immer erkennbar gewesen. Die Zeit nach dem Brand sei für die Gemeinde sehr anstrengend gewesen, blickt Kania zurück. "Wir hatten keine Kirche, keinen Gemeinderaum und mussten uns mit Containern oder dem Gaststatus in anderen Kirchen behelfen."

Am Sonntag, 30. September, sollen die Antependien im Gottesdienst der Gemeinde vorgestellt und übergeben werden. "Es ist der Erntedankgottesdienst und das passt auch", sagt Pastorin Muckelberg. "Wir ernten ja nicht nur aus der Natur, sondern auch für unser Leben Kraft und Bewahrung. In den Antependien steckt unser Dank an Gott für die Rettung aus der Not, auch dafür, dass wir unseren Mut nicht verloren und Solidarität und Gemeinschaft erfahren haben." Wann und zu welchen Gelegenheiten die neuen Behänge Altar und Kanzel schmücken werden, will der Kirchenvorstand noch entscheiden. "Da die Antependien alle liturgischen Farben aufweisen, können sie eigentlich zu vielen Anlässen im Jahr aufgehängt werden", sagt Kania. "Besonders gut vorstellen kann ich mir sie allerdings am Pfingstfest." 

Sabine Dörfel