Foto: Markus Lampe

Erinnern und Mahnen gehören zusammen

Nachricht St.-Nicolai-Kirche, 11. November 2018

Lübecker Künstler gestaltet neues Friedensmahnmal für die St.-Nicolai-Kirche

Der Lübecker Künstler Winni Schaak hat das Friedensmahnmal für St. Nicolai gestaltet. Foto: Frank Buchholz

 „Liebe, Friede, Achtung“ steht auf dem stählernen Band, dann die Begriffe „Freiheit und Schutz“. Das Band verbindet zwei dreieckige Stelen, das neue Friedensmahnmal der St.-Nicolai-Kirche Bothfeld. Am Sonntag, 11. November, 100 Jahre nach dem Ende des Ersten Weltkrieges, wird es in einem feierlichen Gottesdienst eingeweiht. Prominenter Gast dabei ist Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil, der die Festrede hält. Für den Künstler Winni Schaak sind die aus wetterfestem Cortenstahl gefertigten Stelen mehr als ein Mahnmal gegen den Krieg. „Ich möchte darauf aufmerksam machen, dass Konflikte bereits in unserem nahen Umfeld beginnen, in der Familie, der Gemeinde, der Gesellschaft“, sagt der Lübecker Bildhauer. „Darauf weisen die Begriffe hin, die ich unterhalb des Bandes direkt in die Stelen eingelassen habe: Familie, Gemeinde, Gesellschaft, Welt.“

Schaaks Entwurf hatte die Nicolai-Gemeinde überzeugt, als diese das Projekt Friedensmahnmal im vergangenen Jahr startete. An der Kirche befinden sich bereits zwei Denkmale: ein Soldatenrelief zur Erinnerung an die gefallenen Soldaten des Ersten Weltkriegs sowie zu dessen Füßen eine Steintafel mit der Inschrift „Zum Gedächtnis der Gefallenen und Opfer der Heimat in den Kriegsjahren 1939/45“. Am Volkstrauertag findet dort nach einem Gottesdienst jährlich ein Gedenken statt.

Für Pastor Dirk Rademacher ist es wichtig, dass dieses Gedenken nicht nur eine rückwärtsgewandte Erinnerung an die Schrecken der Weltkriege ist, sondern der Blick auch auf die zukünftige Erhaltung und Sicherung des Friedens gerichtet wird. „Kriegsgedenken und Friedensmahnung gehören zusammen“, sagt er. So hat die St.-Nicolai-Kirche parallel zu dem Projekt Friedensmahnmal eine Friedensarbeit mit Schülern der Gesamtschule Bothfeld und Konfirmanden gestartet, an dem auch die hannoversche Kestner-Gesellschaft beteiligt ist. „Die Schule liegt direkt hinter der Kirche und die Schüler kommen auf ihrem Schulweg immer an dem Soldatendenkmal vorbei“, sagt Rademacher. „Es lag nahe, sie in unser Friedensprojekt miteinzubeziehen.“ Schüler verschiedener Klassenstufen haben beispielsweise eine Umfrage zu dem Thema „Wieviel Krieg steckt in unserem Frieden?“ gestartet, einen Peace-Slam-Workshop durchgeführt oder die Baulücke für das Friedensmahnmal vorübergehend mit einem kreativ gestalteten eigenen Mahnmal gefüllt. Die Ergebnisse ihres Projektes wurden der Gemeinde bereits vorgestellt und sollen auch in den Gottesdienst am 11. November einfließen. Zur Finanzierung des Friedensmahnmals, mit dem St. Nicolai auch einen Beitrag zur Gestaltung des Stadtteils leisten will, hat die Gemeinde Spenden eingeworben, einen Benefiz-Kabarett-Abend veranstaltet, Sponsoren aktiviert und viel ehrenamtliche Unterstützung bekommen. Rund 30 000 Euro kostet das Kunstwerk, das in dem um 15 Uhr beginnenden Gottesdienst feierlich enthüllt werden soll.

Dass auch Ministerpräsident Stephan Weil als Gast kommt, ist für Pastor Rademacher eine große Würdigung des Engagements von St. Nicolai für die öffentliche Verantwortung von Kirche. „Es ist zudem eine besondere Anerkennung für die Menschen, die sich ehrenamtlich oder als Sponsoren für Frieden und Demokratie in unserer Gesellschaft einsetzen“, sagt er. Die Einweihung des neuen Friedensdenkmals bedeutet allerdings noch keinen Schlussstrich unter das umfassende Friedensprojekt der Gemeinde. In einem nächsten Schritt soll das gesamte Areal neben dem alten Kirchturm umgestaltet werden. Die Mahnmale für den Ersten und den Zweiten Weltkrieg sollen getrennt aufgestellt werden, ein gepflasterter Weg des Friedens soll beide mit der neuen Doppelstele verbinden. „So wollen wir den Zusammenhang unseres Erinnerns an die Opfer der Weltkriege mit der Friedensmahnung verbinden, die durch Schaaks Kunstwerk symbolisiert wird“, sagt der Pastor. „Ich bin sicher, dass auch dieser zweite Schritt  gelingt“, blickt er zuversichtlich voraus. „Das gesamte Friedensprojekt war auch ein Aufbruch für die Gemeinde und hat bei vielen Menschen ein neues Nachdenken über das Thema Frieden sowie Kreativität und Gemeinsinn geweckt.“  

Sabine Dörfel