Eigentlich würde Marktkirchenorganist Ulfert Smidt im Februar sein 25-jähriges Dienstjubiläum feiern. Doch auch in der größten Kirche Hannovers sind Konzerte derzeit nicht möglich. Die Orgel darf Gottesdienste und Andachten begleiten. Smidt, stets gut gelaunt mit einer natürlich lockeren Art, bewirkt unwillkürlich ein Gänsehaut-Feeling, wenn er die Orgel, die Königin der Instrumente, auf der Empore in der Marktkirche erklingen lässt. Das gesamte Kirchenschiff füllt sich unweigerlich mit einem beeindruckenden Klang und Schall, der unter die Haut geht.
„Gerade jetzt merken wir, wie wichtig die Musik für unsere Seele ist; wie gut es tut, reale Klänge zu hören, dazu noch in so einem wunderbaren, über 700 Jahre alten Backstein-Kirchenschiff,“ so Smidt „Musik schenkt Trost, Ablenkung und kann Glücksgefühle hervorrufen.“ Ulfert Smidt, aufgewachsen in Bremen, absolvierte sein Musik-Studium in Hannover und in den Niederlanden und ist seit 1996 Organist der Marktkirche Hannover und künstlerischer Leiter der internationalen Orgelkonzerte.
Als Dozent an der Hochschule für Musik, Theater und Medien Hannover berichtet er von seinen neuen Erfahrungen in der digitalen Musik-Lehre: „Der Unterricht mit meinen Student/innen läuft zur Zeit so, dass ich mir eingereichte Aufnahmen anhöre und dann findet die Unterrichtsstunde telefonisch statt. Interessant ist das deshalb, weil ja die Unterrichtsvorbereitung durch die Produktion der Aufnahme, und damit die Selbstreflektion, viel intensiver ist. Vielleicht behalte ich diese Technik in gewisser Weise bei.“
Smidt, der u.a. Konzerte in den Niederlanden, Frankreich, Polen, Russland und den USA gegeben hat, ist nach wie vor fasziniert von der Aura, die die Orgel als größtes Musikinstrument beim Spielen umgibt. „Ja, so einfach kann ich das sagen, und wenn man anthropologisch fortfahren würde, dann kommt man zum Begriff des Homo ludens, des ‚spielenden Menschen‘ als Grundelement menschlichen Tuns. Alles Phantasieren, Erzählen, Träumen - ist Spiel. ‚Der Mensch spielt nur, wo er in voller Bedeutung des Worts Mensch ist, und er ist nur da ganz Mensch, wo er spielt‘ waren die Worte von Friedrich Schiller. Und aus Spielen wird - im besten Falle - heiliger Ernst,“ erklärt Smidt lachend.
Seine Leidenschaft zur Musik teilt Ulfert Smidt auch mit seiner Familie. Seine Frau Lisa Laage-Smidt studierte an der Hochschule für Musik und Theater Hannover Musikpädagogik und ist Leiterin der Kinder- und Jugendchöre in der Marktkirchengemeinde. Sein Sohn Lennart lebt als Jazzpianist und musikalischer Leiter in Berlin, daneben ist er Dozent an der Uni Hildesheim und seine Tochter Janneke arbeitet als Referendarin für Musik und Französisch in Peine.
Das berufliche Highlight während seiner Dienstzeit in der Marktkirche war der Bau der neuen Goll-Orgel. „Gleich nach meinem Amtsantritt standen wir vor einem riesigen Orgelprojekt dessen Ausgang komplett ungewiss war. Damals ahnte ich noch nicht, dass wir jetzt, seit über 10 Jahren in der Marktkirche über drei außergewöhnliche Orgeln verfügen würden. Das ist natürlich die größte Veränderung in den letzten 25 Jahren, sichtbar und hörbar, jeden Tag, immer wieder!“ so Smidt weiter.
Ulfert Smidt freut sich auf die Zeit, in der Orgelkonzerte in der Marktkirche wieder möglich sein werden. Seiner Fröhlichkeit und seinem Optimismus kann diese Zeit der ungewollten Stille nichts anhaben: „Ich glaube, jeder Mensch spürt unterschiedliche Möglichkeiten, um nicht den Mut zu verlieren. Für die einen ist es die Musik, für andere der Sport, die Natur, Lesen, was auch immer. Das Wichtigste bei allem ist, dass man - trotz allem, was einen umgibt, - die Zuversicht und die positive Gesamteinstellung nicht verliert.“