Weiter Streit um das Reformationsfenster der Marktkirche

Nachricht Hannover, 15. Januar 2021

Der Streit um das Reformationsfenster in der Marktkirche geht weiter. Der Kläger Georg Bissen hat jetzt beim Oberlandesgericht Celle Berufung gegen das Urteil des Landgerichts Hannover eingelegt. Das Urteil war in dem Prozess Mitte Dezember vergangenen Jahres ergangen und erlaubte der Gemeinde den Einbau des umstrittenen Fensters in die Südwand der Marktkirche. „Wir bedauern es sehr, dass die gerichtliche Auseinandersetzung jetzt weitergehen muss“, sagte Reinhard Scheibe, Vorsitzender des Kirchenvorstands. „Es ist ein überraschender Schritt, zumal das Gericht die unterschiedlichen Aspekte der Entscheidung fundiert begründet hat.“ Sobald der Schriftsatz des Klägers vorliege, werde er geprüft, daraus ergäben sich dann die weiteren Schritte, fügte Scheibe hinzu. „Ich hoffe, dass der Einbau des Reformationsfensters trotzdem noch in diesem Jahr möglich ist“, sagte Marktkirchenpastorin Hanna Kreisel-Liebermann. „Das Werk des Marktkirchenarchitekten Oesterlen ist in dem Urteil des Richters sehr gewürdigt worden. Deswegen ist es schade, dass jetzt Berufung eingelegt wurde“.   

Die Auseinandersetzung um das Reformationsfenster in der Marktkirche dauert bereits mehrere Jahre. Im vergangenen Jahr hatte Bissen, der Stiefsohn und Erbe des Marktkirchenarchitekten Dieter Oesterlen, gegen den Einbau des Fensters geklagt. Er sah den Eindruck des schlicht gehaltenen Innenraums der Kirche durch das modern gestaltete Fenster zerstört. Das Landgericht entschied in seinem Urteil, dass das kirchliche Selbstbestimmungsrecht und die grundgesetzlich geschützte Religionsfreiheit Vorrang vor dem Urheberrecht des Architekten Oesterlen haben. Damit wäre der Einbau des Fensters, das fast fertiggestellt ist, noch in diesem Frühjahr möglich gewesen. Das Buntglasfenster des Künstlers Markus Lüpertz ist ein Geschenk des ehemaligen Bundeskanzlers Gerhard Schröder an die Marktkirche. Der Anlass der Schenkung war das 500. Reformationsjubiläum im Jahr 2017.

Das rund 150 000 Euro teure und 13 Meter hohe Reformationsfenster soll in die Fensterreihe an der Südwand der Kirche eingebaut werden. Es zeigt eine große weiße Figur, die auf Martin Luther verweisen soll. Neben Motiven mit Bezug zur Reformation sind noch fünf große schwarze Fliegen als Symbole des Bösen und der Vergänglichkeit dargestellt. Ihre Abbildung führte zu heftigen Kontroversen, anfänglich auch in der Kirchengemeinde. Der in Tokio lebende Rechtsanwalt Bissen argumentierte, das moderne Fenster passe nicht in die gotisch geprägte Kirche. Sein Stiefvater, der Architekt Dieter Oesterlen, hatte zwischen 1946 und 1952 den Wiederaufbau der Marktkirche geleitet. Der aus dem 14. Jahrhundert stammende Bau gilt als ein Wahrzeichen Hannovers und war im Zweiten Weltkrieg stark zerstört worden.

Sabine Dörfel/Öffentlichkeitsarbeit des Stadtkirchenverbandes Hannover

 

Weitere Informationen:

Marktkirche darf umstrittenes Reformationsfenster einbauen