Marktkirche distanziert sich von der finanziellen Förderung Gerhard Schröders für das Reformationsfenster

Nachricht Hannover, 04. März 2022

Der Kirchenvorstand der Marktkirche hat in seiner Sitzung vom Donnerstag, 3. März, die finanzielle Förderung des ehemaligen Bundeskanzlers Gerhard Schröder für das Reformationsfenster in der Marktkirche neu bewertet. „Bundeskanzler a.D. Gerhard Schröder hat Spenden für die Finanzierung des Reformationsfensters vermittelt. Diese Spendengelder wollen wir nach dem gestrigen Beschluss des Kirchenvorstandes zurückgeben. Wir werden deshalb mit den Spendern sprechen“, sagt Stadtsuperintendent Rainer Müller-Brandes, der in dieser Funktion auch Pastor an der Marktkirche ist.

„Angesichts der Haltung von Gerhard Schröder zum gegenwärtigen Krieg in der Ukraine sieht sich der Kirchenvorstand nicht mehr in der Lage, die finanzielle Förderung für das Reformationsfenster des Künstlers Markus Lüpertz anzunehmen“, sagt Martin Germeroth, Vorsitzender des Kirchenvorstandes der Marktkirche. „Deshalb setzen wir den Einbau des Reformationsfensters bis auf weiteres aus. Der Kirchenvorstand hat diese Entscheidung einhellig getroffen.“ Der Kirchenvorstand hat mit Gerhard Schröder Kontakt aufgenommen und ihm diese Entscheidung mitgeteilt. Der Künstler Markus Lüpertz ist ebenfalls informiert.  

Für Marc Blessing, Pastor an der Marktkirche, ist die jetzt getroffene Entscheidung des Kirchenvorstandes alternativlos. „Die mangelnde Distanzierung Gerhard Schröders von der völkerrechtswidrigen und menschenrechtsverletzenden Kriegspolitik Putins ist unvereinbar mit dem friedensethischen Engagement der Marktkirche", sagt Blessing. Die Marktkirche als zentrale Kirche der Stadt Hannovers werde von vielen Menschen als Ort des Gebetes und des Friedens wertgeschätzt. „Ich begrüße ausdrücklich, den bereits beschlossenen Einbau des Fensters in der jetzigen Situation zurückzustellen und nach anderen Wegen der Finanzierung zu suchen“, fügt Blessing hinzu.

Das Reformationsfenster geht auf eine Initiative des ehemaligen Bundeskanzlers Gerhard Schröder zurück. Der Anlass war das 500. Reformationsjubiläum im Jahr 2017. In den folgenden Jahren war um den Einbau des Fensters in die Marktkirche gerichtlich prozessiert worden. Dr. Georg Bissen, der in Tokio lebende Stiefsohn des Marktkirchenarchitekten Dieter Oesterlen hatte sein Urheberrecht geltend gemacht und argumentiert, das moderne Fenster passe nicht in die gotisch geprägte Kirche. Der Prozess war im November vergangenen Jahres mit einem Vergleich beendet worden. Danach darf die Marktkirche das Fenster einbauen, sie weist mit einem Schild auf die ursprüngliche Konzeption des Marktkirchenarchitekten Dieter Oesterlen hin. 

Das rund 150 000 Euro teure und 13 Meter hohe Buntglasfenster zeigt eine große weiße Figur, die auf Martin Luther verweisen soll. Neben Motiven mit Bezug zur Reformation sind noch fünf große schwarze Fliegen als Symbole des Bösen und der Vergänglichkeit dargestellt. Der Architekt Dieter Oesterlen hatte zwischen 1946 und 1952 den Wiederaufbau der Marktkirche geleitet. Der aus dem 14. Jahrhundert stammende Bau gilt als ein Wahrzeichen Hannovers und war im Zweiten Weltkrieg stark zerstört worden.