60 Jahre Weihnachtsstuben in Hannover

Nachricht Hannover, 01. Dezember 2022
Foto: privat

Heiligabend um neun Uhr morgens geht für Roland Schmolke die Arbeit los. Er rückt den Weihnachtsbaum in die Ecke, stellt Tische auf und verteilt die ersten Gedecke darauf. Später kommen die Ehrenamtlichen dazu und dann werden rund 50 Würstchendosen geöffnet, Geschenktütchen gepackt und Teller mit Keksen, Mandarinen und anderen Süßigkeiten gefüllt. „Um 13 Uhr stehen schon die ersten Menschen vor der Tür und warten auf Einlass“, erzählt der Diakonie-Mitarbeiter. Wie jedes Jahr werden auch dieses Mal wieder rund 100 Menschen in der Weihnachtsstube des Diakonischen Werks Hannover für ein paar Stunden miteinander essen, Musik oder ein Gedicht hören und das Fest in Gemeinschaft erleben. Seit 60 Jahren öffnen die Diakonie, zahlreiche Kirchengemeinden, Träger und Einrichtungen ihre Weihnachtsstuben für Menschen, die an Weihnachten nicht allein sein möchten.

„Als 1962 die ersten beiden diakonischen Weihnachtsstuben in der Innenstadt und in Linden stattfanden, war dies ein Angebot für alte Menschen ohne Familienanschluss und für die Binnenschiffer in den Häfen Hannovers, die Weihnachten nicht zu Hause sein konnten“, sagt Jutta Schulte, die im Diakonischen Werk seit 28 Jahren die Weihnachtsstuben koordiniert. Mittlerweile gibt es jährlich für rund 600 Gäste zwischen zehn und 15 Weihnachtsstuben, viele davon in den Kirchengemeinden der Stadtteile. Eine der größten ist die Feier im Diakonischen Werk in der Burgstraße, die vorwiegend von wohnungslosen Menschen besucht wird. Anfangs waren es vor allem hochbetagte Menschen, die gekommen sind“, sagt Schulte. „Mittlerweile haben wir in den Weihnachtsstuben auch Gäste ab Ende 50.“

Auch wenn manchmal Paare oder Familien die Weihnachtsstuben besuchen, kommen vor allem die Alleinstehenden. „An solchen familiengeprägten Festen wie Weihnachten wird Alleinsein oft sehr schmerzlich empfunden“, hat die Sozialarbeiterin erfahren. „Familienmitglieder  wohnen häufig weit voneinander entfernt, viele Ältere können nicht mehr reisen, manchmal gibt es auch keine Angehörigen mehr oder das Verhältnis ist nicht gut.“ In vielen Weihnachtsstuben gebe es auch sehr treue Gäste, die teilweise seit Jahren kämen. Das gelte im Übrigen auch für die ehrenamtlichen Helfenden, „ohne die unsere Weihnachtsstuben nicht denkbar sind“ fügt Schulte hinzu. In Schmolkes rund 20-köpfigem Team in der Burgstraße beispielsweise „hat jeder und jede ihren eingespielten Einsatz, das läuft Jahr für Jahr wie am Schnürchen“, erzählt der Koordinator.

Schulte und er sind berührt davon, „mit welchem Engagement und mit wieviel Herz“ die Ehrenamtlichen die Feiern gestalten. „Eine Helferin beispielsweise zieht schon ab Advent durch die Geschäfte und sammelt kleine Sachspenden für die Wohnungslosen“, erzählt Schmolke. Eine andere sei extra aus Göttingen angereist, um für die Besucherinnen und Besucher eine Stunde Weihnachtsmusik auf der Geige zu spielen. „Wir haben auch Familien in den Ehrenamtlichen-Teams, die ihren Kindern das Teilen und Dasein für andere nahebringen wollen“, sagt Schulte. Dass sich von diesen Kindern jetzt einige im Jugendalter weiter in den Weihnachtsstuben engagieren, freut Schulte und Schmolke besonders. Für manche Ehrenamtliche sei ihr Einsatz auch eine Möglichkeit, der eigenen Einsamkeit an Weihnachten zu begegnen, wissen die beiden Diakonie-Mitarbeitenden. Andere würden durch die spürbare Dankbarkeit und Freude der Weihnachtsstuben-Gäste motiviert. „Es geht hier keiner ohne Lächeln raus“, sagt Schmolke. Manchmal erhielten sie später auch Kärtchen mit einem Gruß oder den schlichten Worten „Danke, es war schön, Heiligabend nicht allein zu sein“, erzählt Schulte.

Diakoniepastor Friedhelm Feldkamp würdigt das Jubiläum der Weihnachtsstuben. „Neben dem kalten Glanz der Lichterketten – die Weihnachtsstuben in Hannover: Seit 60 Jahren leuchtet da Licht der Wärme“, sagt Feldkamp. „Da spüren Menschen, dass man sich auf sie einlässt, so wie Gott sich eingelassen hat auf die Welt, auch und grade die der Elenden, im Kind in der Krippe. Da erleben die, die kommen und die, die einladen, was frohe Botschaft meint, hautnah, nämlich die Welt ein bisschen freundlicher zu machen. Das ist Evangelium. Da ist der Wunsch das Ziel: Ein frohes Fest!“

Seit Jahren schon koordinieren die Stadt Hannover und die Diakonie die Weihnachtsstuben gemeinsam. „Es gibt auch einen städtischen Finanzzuschuss, doch die Veranstaltenden brauchen Spenden für dieses Weihnachtsangebot“, sagt Schulte. „Hier freuen wir uns unter anderem auch über Sachspenden, die uns von Firmen erreichen.“ Während der Corona-Zeit konnten die Weihnachtsstuben nur eingeschränkt durchgeführt werden, doch in diesem Jahr hoffen die Koordinierenden wieder auf volle Stuben. „Der Bedarf ist nach wie vor da“, sagt Schulte. „Weihnachtsstuben sichern die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben und schließlich ist Weihnachten ein christliches Fest, an dem die Zusage der Nächstenliebe ganz besonders gelten soll.“ 

Hier finden Sie die Liste der Weihnachtsstuben zum Download. 

Telefonische Anmeldung ist bei den jeweiligen Anbietern erforderlich.

Weitere Auskünfte erteilen:

  •       Diakonisches Werk, Telefon 0511 - 36 87-116
  •       Kommunaler Senioren-Service, Telefon 0511 - 168-42345