Feierliche Verabschiedung

Stadtsuperintendent Hans-Martin Heinemann geht in den Ruhestand

Heinemann
Stadtsuperintendent Hans-Martin Heinemann bei einer Predigt.

Jetzt, in den letzten Wochen seiner Amtszeit gibt es viele letzte Male für Stadtsuperintendent Hans-Martin Heinemann. Einmal noch diese Sitzung, das letzte Mal jenes Gremium. „Ruhestand ist eine Übung des Loslassens“, sagt Heinemann und lächelt. Am Sonntag, 29. September, wird der Stadtsuperintendent nach neun Dienstjahren in Hannover mit einem feierlichen Gottesdienst in der Marktkirche verabschiedet. Für den 66-Jährigen war es ein „schönes und intensives Amt“. Müsste er es mit einer Sportart vergleichen, „wäre das wohl Turnier-Tischtennis“, eine Disziplin, in der er als junger Mann aktiv war. „Es sieht leicht aus, ist aber anstrengend“, beschreibt der Theologe sein „sportliches“ Amt. „Man spielt solo, im Doppel, manchmal auch zu mehreren, muss die ganze Zeit hochkonzentriert sein, in Bewegung und man hat immer Publikum, das zuschaut.“ Und: „Begabung und Neigung allein reichen nicht aus, es gehört auch eine Menge Training dazu“, zieht er weitere Parallelen.

Ganz untrainiert kam Heinemann im Frühjahr 2010 nicht nach Hannover. Knapp zwanzig Jahre lang hatte er zunächst stellvertretend und dann als hauptamtlicher Dekan in Wiesbaden Leitungsverantwortung gesammelt. Zuvor war er dort als Gemeinde- und Jugendpfarrer tätig gewesen und kann in diesem Jahr auch sein 40. Ordinationsjubiläum feiern. Der Wechsel nach Hannover brachte ihn wieder in eine Landeshauptstadt, „die Metropolstadt in Niedersachsen“, in der noch andere große kirchliche Institutionen wie die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD), die hannoversche Landeskirche und auch der Reformierte Weltbund  ihre Hauptsitze haben.

Sollte er Kür-Elemente seines Amtes benennen, fallen ihm Formate wie die Lieblingslieder oder der round-midnight-Jazz in der Marktkirche ein. Höhepunkte seiner Amtszeit waren das große kirchliche „Fest für alle“ zum 500-jährigen Reformationsjubiläum 2017 oder das interreligiöse Friedensgebet mit dem Rat der Religionen nach dem Terroranschlag auf die Charlie-Hebdo-Redaktion 2015 in Paris. Ein stetiges Element bildeten die vielen Gottesdienste in der „berührenden und schönen“ Marktkirche. In das Pflichtfeld gehörte dagegen eher die Leitungstätigkeit. „Das war dann oft Kugelstoßen oder Marathonlauf“, schmunzelt der Theologe. Als Stadtsuperintendent ist Heinemann oberster Dienstherr von rund 1000 Mitarbeitenden im Stadtkirchenverband Hannover, mittelbar kommen noch weitere 1000 in den Gemeinden oder diakonischen Einrichtungen dazu. Mit einem Haushaltsetat von jährlich mehr als 60 Millionen ist der Stadtkirchenverband „schon so etwas wie ein Konzern“ und diesen zu führen, „das ist Regierungsarbeit“. Dass dies im Netzwerk Kirche geschah und in geteilter Verantwortung mit Ehren- und Hauptamtlichen in den Gremien sowie in besonderer Form mit den drei hannoverschen Superintendenten, war für Heinemann eine Arbeitsform, von der er sich getragen fühlte.

Doch das schützte ihn nicht davor, auch „die Grenzerfahrungen zu machen, die jedem Leitungsamt innewohnen“. „Manchmal mussten wir unter dem Veränderungsdruck, dem Kirche zunehmend ausgesetzt ist, auch Wege von Menschen fordern, die diese nur unter Mühen gehen konnten“, blickt Heinemann zurück. „Berührend und erfüllend“ waren für den scheidenden Stadtsuperintendenten jedoch immer wieder Begegnungen mit Menschen, „die mit Liebe und Begeisterung ihre Arbeit in der Kirche tun“, ob haupt- oder ehrenamtlich. „Da stehen mir viele Gesichter vor Augen“, sagt der Theologe. Schaut er auf die vergangenen neun Jahre zurück, sieht er „viele Aufgaben und Projekte, die erfüllt und gelungen sind“, bei einigem fehlt nur noch die Unterschrift wie zum Beispiel bei dem bereits mit der Stadt ausgehandelten Kita-Vertrages.

Die Kirche in der Landeshauptstadt beschreibt er als „große bürgerschaftliche Institution“, die sich in einer Umgebung behaupten muss, die in seiner Amtszeit „schneller, aufgeregter und digitaler, aber auch bunter, internationaler und schöner“ geworden ist. „Die Stadt ist den Zeitströmungen wie dem Populismus, der bleibenden Migration oder der auseinanderklaffenden Schere zwischen Arm und Reich ausgesetzt“, sagt der Theologe. „Doch sie ist dabei eine solidarische Stadt geblieben und das wünsche ich ihr auch für die Zukunft.“ Und Hannover ist für ihn auch eine Stadt, in der eine „großartige und intensive Interreligiosität“ ihren festen Platz hat, wie beispielsweise mit dem Rat der Religionen oder der guten ökumenischen Verbundenheit zwischen Katholiken und Protestanten.

All das gilt es loszulassen, ab Oktober gibt es Tage ohne Termine, ohne Wecker, „das werde ich genießen“, sagt der künftige Stadtsuperintendent außer Dienst. Möglich sind dann auch ein paar ungeplante Tage an der Nordsee mit seiner Frau, Spontanurlaube gab es für das beruflich sehr aktive Ehepaar seit 30 Jahren nicht mehr. „Und wir werden die Fülle unseres Lebens aufräumen, Regale aussortieren, Kisten, teilweise noch vom letzten Umzug, auspacken und das alles ohne Zeitdruck“, kündigt er an. Ruhestand, so klingt es, ist für Hans-Martin Heinemann ein neuer Aufschlag, dieses Mal aber nicht in der Turnierklasse.

Sabine Dörfel                 

Information:

Verabschiedungsgottesdienst für Stadtsuperintendent Hans-Martin Heinemann mit Landessuperintendentin Dr. Petra Bahr, anschließend Empfang der Landeshauptstadt Hannover im Neuen Rathaus

Sonntag, 29. September 2019, 15 Uhr, Marktkirche Hannover

Predigt: Hans-Martin Heinemann