Himmelfahrt: Aufgehoben

Himmelfahrt
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Klingt merkwürdig, aber im Bericht über die Himmelfahrt Jesu (Apostelgeschichte 2) ist folgendes überliefert: „Jesus wurde vor den Augen der Jünger aufgehoben."

Es gibt Wörter, die sind wie „Teekesselchen“. Sie haben mehrere Bedeutungen. So kann z. B. die „Bank“ ein Geldinstitut oder eine Sitzgelegenheit sein. Eine „Dichtung“ kann Poesie sein oder einen Tropfen verhindern. Bei dem Wort „aufgehoben“ sind es sogar vier verschiedene Bedeutungen. Sie erschließen uns, was die Himmelfahrt Christi bedeutet:

  • Aufheben bedeutet etwas zu beenden. Einen Streik, eine Beschränkung, Sperrungen kann man aufheben. Dann sind sie zu Ende. Aufheben an Himmelfahrt bedeutet: Jetzt ist die Zeit der physischen Gegenwart Jesu unter uns hier auf Erden endgültig zu Ende. Sie ist aufgehoben.
  • Aufheben bedeutet aber auch hochnehmen, wie man ein Geldstück hochnimmt, das einem aus der Tasche gefallen war, oder eine Person aufhilft, die gefallen war. So hebt Gott Jesus an Himmelfahrt hoch zu sich in sein Reich, dass wir uns „oben“ im „Himmel“ vorstellen, wobei Himmel ja ein Bild ist für Gott selbst und nicht ein geographischer Ort. Gott ist überall! So ist Jesus seit Himmelfahrt wieder mit Gott eins im „Himmel“ und nicht mehr körperlich bei uns „unten“ auf der Erde.
  • Aufheben heißt auch etwas bewahren. Wichtige Dinge hebt man auf, die Zeugnisse, die Verträge oder die alten Bilder und Fotos, Erinnerungen. All das hebt man auf, um es zu bewahren. Gott hebt Jesus an Himmelfahrt auf, damit alles, was Jesus gesagt, gelebt, bedeutet und gewirkt hat, trotz seines Weggangs von der Erde, nicht vorbei ist, sondern weiterhin Gültigkeit behält.
  • Und schließlich steckt in dem Wort „aufheben“ auch die Bedeutung geborgen, denn wenn etwas gut aufgehoben ist, ist es zugleich geschützt und geborgen.

So entdecken wir in dem Wort „aufheben“, dass es sich bei der Himmelfahrt Jesu weniger um ein Foto oder eine dokumentarische Beschreibung eines Ereignisses handelt (als wäre der Mensch Jesu auf einer Wolke gen Himmel gefahren), als vielmehr um ein Bild für eine sehr tiefgründige Wahrheit:

Jesu irdische Gegenwart, dass er wie ein Mensch unter Menschen gelebt hat, erleben wir seit Himmelfahrt nicht mehr. Aber wir müssen dem nicht nachtrauern, denn aufheben ist etwas Gutes. Aufgehoben ist damit auch, dass er an Raum und Zeit gebunden war. Als Mensch konnte er nur an einem Ort zu einer bestimmten Zeit sein. Seit Himmelfahrt kann er an jedem Ort zu jeder Zeit sein. Genau dies sagt er seinen Jüngern zum Abschied: Ich bin bei euch alle Tage bis zur Vollendung der Welt (Matthäus 28,28).

In dieser Zusage können wir sehen, dass auch wir gut aufgehoben sind in ihm, denn obgleich wir noch in Zeit und Raum leben, sind wir doch schon umgeben von seiner neuen Dimension, die uns zugutekommt: Denn seit Himmelfaht ist er bei uns jeden Tag, an jedem Ort, in jeder Situation, für immer. Wir sind geborgen, getragen, umgeben von dem, der obwohl er nicht mehr fassbar und greifbar ist, doch ganz für uns da ist.

P. Stephan Lackner