Eine gute Seele des Hauses: Haus der Religionen - Koordinatorin Ulrike Duffing im Portrait

Nachricht 14. April 2024
Foto: Melina Will

„In den 11 Jahren, die ich hier war, habe ich viele interessierte Lehrkräfte kennengelernt. Der Erfolg gibt uns Recht, ich bin sehr zufrieden mit dem, was ich loslasse. Wie andere auch gehe ich mit einem lachenden und einem weinenden Auge. Es wird Zeit, den Jüngeren Platz zu machen!" Ulrike Duffing schaut auf ihre Zeit als Koordinatorin im Haus der Religionen zurück. Denn es wird ein neues Kapitel aufgeschlagen, es geht in den wohlverdienten Ruhestand. Wo und wie sie sich trotzdem noch engagieren wird, das erfahren Sie im Text.

Wir befinden uns vor dem Haus der Religionen. Ein interreligiöses und interkulturelles Bildungs- und Veranstaltungszentrum in Hannover. Im Haus haben sich neun Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften zusammengeschlossen: Alevitentum, Bahaitum, Buddhismus, Christentum, Ezidentum, Hinduismus, Humanismus, Islam und Judentum. Die Koordinatorin Ulrike Duffing kommt freudestrahlend die Treppe herunter und öffnet die Tür. „Herzlich Willkommen im Haus der Religionen!“ Das Haus war mal die Athanasisuskirche und unten im Foyer ist noch der alte Grundmauerstein von 1964 zu sehen. „Folgen Sie mir gerne nach oben. Im zweiten Obergeschoss befindet sich sogar noch die originale Altarwand.“ Das Haus der Religionen (kurz HDR) wird vom Rat der Religionen geleitet und ist ein außerschulischer Lernort. Hierherkommen aber nicht nur Schulklassen, um sich ein Bild vom interreligiösen Miteinander zu machen. Auch viele Erwachsenengruppen verbringen im Haus sinnvolle Freizeit und es finden unterschiedliche Abendveranstaltungen statt. „Wenn Schulklassen das Haus betreten, legen wir großen Wert auf ‚Slow down‘. Wir holen die Kids erst einmal runter, versuchen Ruhe zu verbreiten. Im ersten Teil unserer Führungen geht es zunächst um die eigene Haltung, um Vorurteile, aber auch um das einander Zuhören und Kennenlernen. Die Schülerinnen und Schüler gewinnen einen Eindruck vom Respekt gegenüber Andersdenkenden, haben aber auch die Möglichkeit ihre Fragen zu stellen und hören etwas über Empathie.“

Auch nach 11 Jahren Erfahrungen erinnert sich die Koordinatorin gut an ihre Anfangszeit: „Als ich Anfang 2013 hier begonnen habe, fühlte ich mich wie auf einem anderen Planeten. Die größte Herausforderung im interreligiösen Dialog ist die Geduld. Es geht darum, dass zwei oder noch besser drei Religionen zusammenarbeiten. "Da braucht man viel Geduld und ich selbst brauchte zwei Jahre, um mich in den interreligiösen Dialog einzuarbeiten.“ Mittlerweile ist das Haus der Religion groß und kann auf eigenen Beinen stehen. „Vom Projekt in den Kinderschuhen zur ganzheitlichen Institution. "Das Kind hat sich hervorragend entwickelt“, fasst Ulrike Duffing lächelnd zusammen. Unterstützt wird die Religionspädagogin von drei Hauptamtlichen aus den Bereichen Religionswissenschaften und Theologie. Zudem ergänzen häufig Praktikant*innen, oft aus Studiengängen mit religiösem Hintergrund, die Teamarbeit. Und eine FSJ-Stelle rundet das Team ab.

Das Berufsleben ist wie ein Puzzle

Nach einer Ausbildung zur Erzieherin studierte Ulrike Duffing Religionspädagogik: „Ich war fast 30 Jahre hauptamtlich im kirchlichen Dienst tätig, überwiegend in der Ev.-luth. Landeskirche Hannovers. Neben der Kinder- und Jugendarbeit gehörte später auch die Erwachsenen- und Seniorenarbeit zu meinen Arbeitsbereichen. "In den verschiedenen Arbeitsstellen war mir stets meine berufliche Weiterentwicklung, das Gestalten und das Fortbilden wichtig.“ Im Job arbeitete sie häufig ökumenisch: „Für mich war von Anfang an klar: Ökumenische Arbeit ist die Zukunft. Dadurch bin ich früh mit anderen religiösen Gemeinschaften in Verbindung getreten. Das waren die ersten Berührungspunkte. Heute macht das rückblickend alles Sinn. "Wie ein Puzzle, das vollständig ist.“

Das persönliche Wunder ihres Lebens erlebte sie im Jahr 2000. „Zu Beginn des neuen Jahrtausends war ich nebenbei ehrenamtlich für die Landeskirche auf der Weltausstellung „Expo 2000“ tätig. 153 Tage Weltausstellung mit dem Thema „Mensch, Natur, Technik – eine neue Welt entsteht“ habe ich im Wechsel mit vielen Freiwilligen im ökumenischen Christuspavillon erlebt. Wir haben Führungen im Pavillon angeboten und das Catering für Veranstaltungen begleitet. Die Erfahrung dort war dann die Initialzündung und weckte in mir und uns den Wunsch für ein Haus der Religionen.“ Zwischendurch war Ulrike Duffing beim Diakonischen Werk, begleitete junge Frauen und Männer im Freiwilligen Sozialen Jahr und hat in Hannover und Berlin den ersten Ökumenischen Kirchentag in Berlin 2005 mit vorbereitet. Es folgte eine herausfordernde Zeit in Wolfsburg im Anschluss: „Dort arbeitete ich als Diakonin in einer Brennpunktgemeinde, eigentlich war ich mehr Sozialarbeiterin. Auch damals galt mein Interesse schon dem Veranstaltungsbereich. So brachte ich die „1. Lange Nacht der Kirchen“ in Wolfsburg mit auf den Weg. Es war eine herausfordernde, aber auch beeindruckende Zeit.“

Danach zog es sie wieder zurück in die Region Hannover, eine einjährige Vertretungsstelle als Regionaldiakonin in der Arbeit mit Kindern und Jugendlichen. Ein weiteres Jahr verbrachte Ulrike Duffing als hauptamtliche Kirchenpädagogin an der Marktkirche in der Stadt Hannover. Dort angekommen, gab es eine einmalige Chance: die verdankte sie dem ehemaligen Stadtsuperintendenten Hans-Martin Heinemann. „Nach einer längeren Erkrankung und Pause, erinnere ich mich noch gut an Hans-Martin Heinemann, er hat mir ein Coaching ermöglicht. Ohne diesen Anstoß und ohne dieses Coaching mit Personalentwicklung, würde ich hier heute vielleicht nicht sitzen. Denn dadurch habe ich meine Vorgängerin im Haus der Religionen kennengelernt.“

Wie geht es weiter?

Der Ruhestand wird vielfältig, so wie ihr berufliches Leben. Und das ehrenamtliche Mitwirken liegt ihr weiterhin am Herzen: „Die Marktkirche ist mein zweites Wohnzimmer. Dort habe ich so viel erlebt, unter anderem eine Oper und Schauspiel in der Kirche, Ausstellungen, Konzerte und übernachtet habe ich in unserer Kirche auch schon einmal. "Selbstverständlich werde ich mich für meine Gemeinde in der Institution Kirche weiterhin engagieren.“

Für die Zukunft und für das Haus der Religionen hat Ulrike Duffing einen Wunsch: „Ich wünsche mir, dass das Kind, um bei der Metapher zu bleiben, mutig, beherzt seinen Weg weitergeht. Dass es sich nicht beirren lässt. Das Wort „Religio“ bedeutet Rückbindung. Religionen sind also auch Heimat für Menschen. Viele Geflohene sind mit einer Religion gekommen und sollen sich im Haus auch ein Stück daheim fühlen. Alle, die in diesem Kontext arbeiten, sollten darum bemüht sein, diesen religiösen Freiraum stets neu anzubieten und zu pflegen. Es liegt mir sehr am Herzen, dass der interreligiöse Dialog vorangebracht wird.“

Zur Verabschiedung von Ulrike Duffing feiern wir am Sonntag, den 14. April 2024, um 11.30 Uhr einen Gottesdienst in der Marktkirche mit Stadtsuperintendent Rainer Müller-Brandes und weiteren Mitwirkenden. Wir wollen Gott danken für ein langes Berufsleben, Ulrike Duffing an diesem Tag fröhlich und voller Zuversicht begleiten und ihr für ihren weiteren Lebensweg alles Gute wünschen.