Luther auf dem Reichstag in Worms 1521

Nachricht Timotheuskirche, Hannover , 03. November 2021

Als Medienrevolution beschrieb der Göttinger Theologieprofessor Dr. Thomas Kaufmann Martin Luthers Auftritt auf dem Reichstag in Worms 1521 – vor 500 Jahren. Der bundesweit bekannte Gelehrte für Kirchengeschichte und ausgewiesene Lutherkenner sprach auf Einladung der TimotheusStiftung am Vorabend des Reformationstages. Die gut 70 Zuhörenden in der Timotheuskirche dankten ihm mit langem Beifall und vielen Fragen. 

Luthers Gegenspieler, der apostolische Nuntius Aleander, wollte beim Reichstag erreichen, dass Luthers Bücher und Schriften im ganzen Reich verboten werden, was ihm nicht gelang, so Kaufmann. Luthers Schriften, besonders kurze Texte, verkauften sich gut und verbreiteten sich dank des Buchdrucks schnell: Ein Tag setzen und am nächsten Tag 500 Stück gedruckt war die übliche Geschwindigkeit. Wurde ein Flugblatt in einem Territorium verboten, wurde es an anderen Orten gedruckt und schnell in ganz Europa verbreitet. So wandte sich das Wormser Edikt nach dem Reichstag nicht nur gegen Luther und sein Team, sondern auch gegen die Drucker. Der berühmte Schluss-Satz: „Hier stehe ich. Ich kann nicht anders. Gott helfe mir. Amen“ habe er wahrscheinlich nicht auf dem Reichstag gesagt, sondern erst in der Druckfassung der Rede formuliert, so Kaufmann. Erst nach seinem Tod sei dieser Satz so populär geworden.

Seinen Auftritt in Worms machte Luther selbst schon zum Mythos. Anfangs habe er eher verzagt zurückgeblickt, hätte am liebsten ein Martyrium erlitten, so Kaufmann. Später habe er das Ereignis selbst verklärt nach dem Motto: „Mein Gott, was war ich für ein Kerl!“

Kaufmann sieht Parallelen in der Medienrevolution damals und heute: Beschleunigung, internationale Verbreitung, Teilnahme vieler Diskursakteure, Autodidaktentum, mehr Transparenz und zugleich viele Fake News. Auf Nachfrage meinte Kaufmann: Luther hätte heute wohl nicht der Versuchung von sozialen Plattformen widerstanden und sie auch genutzt. Er hätte uns Heutigen wohl geraten: „Bleibt authentisch, sachgemäß und versucht gegenüber eurer Zeit offen zu bleiben“, so Kaufmann abschließend.