„In Etappen zum Ziel“ Andacht zum Hannover-Marathon am 3. April 2022 (nach 1. Mose 1-2)

Nachricht Hannover, 03. April 2022
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Von Pastorin Dr. Karoline Läger-Reinbold

1. Am Anfang  

Am Anfang schuf Gott Himmel und Erde. Und die Erde war wüst und leer, und Finsternis lag auf der Tiefe; und der Geist Gottes schwebte über dem Wasser. Und Gott sprach: Es werde Licht! Und es ward Licht. Und Gott sah, dass das Licht gut war.

Am Anfang war erstmal nichts. Chaos. Unordnung, Wüste und Ödnis. Gottes Geist schwebt über dem Wasser. Und dann – macht Gott Licht. Es wird hell!

So erzählt es die Schöpfungsgeschichte, das erste Buch in der Bibel. Gott erschafft diese Welt in sieben Tagen – ganz so, als hätte er sich die lange Strecke aufgeteilt, so wie wir Läuferinnen und Läufer das tun. Die volle Distanz von Anfang an im Blick behalten. Denn wenn es gut laufen soll, dann darfst du nicht am Start schon alles geben. Motivation und Kraft sind auch am Ende noch wichtig.

Also: Teil dir dein Pensum ein und lauf in Etappen. Ganz gleich, ob es dann 10 Kilometer werden, der Marathon oder die halbe Distanz, oder ob du als Teil einer Staffel läufst. Bloß nicht die Körner schon am Anfang geben. Erstmal reinkommen, den Überblick bekommen, den richtigen Rhythmus finden, die passende Pace.

Am Anfang, da macht Gott erstmal Licht. Hell und Dunkel, Tag und Nacht, ganz banal und doch notwendig zur Orientierung. Sehen, was ist. Maß nehmen für das, was noch kommt. Die erste Etappe bereitet den Weg.

2. Himmel und Erde

Und Gott sprach: Es werde eine Feste zwischen den Wassern, die da scheide zwischen den Wassern. Da machte Gott die Feste und schied das Wasser unter der Feste von dem Wasser über der Feste. Und es geschah so. Und Gott nannte die Feste Himmel, und Gott nannte das Trockene Erde.

Die zweite Etappe der Schöpfungsgeschichte erzählt von der Trennung zwischen Wasser und Land. Nach antiker Vorstellung sammelt sich das Wasser nicht nur auf und unter der Erde, in Seen und Meeren, Quellen und Flüssen, sondern auch oberhalb des Himmels. Wenn dann die Schleusen sich öffnen, gibt es Regen.

Der Blick in den Himmel gehört für uns Läufer dazu. Wird es trocken bleiben, brennt die Sonne, wird es warm – oder werde ich nass und anfangs noch frieren? Nicht nur die Strecke, auch das Wetter zählt. Da mag die Kleidung und Ausrüstung noch so tech-mäßig sein: Wir sind draußen. Laufen mitten auf der Straße und mitunter in freier Natur.

Vieles entzieht sich der Planung. In diesen Zeiten spüren wir das immer mehr. Heiße Sommer, milde Winter, extreme Dürre und danach gleich wieder Überschwemmung. Beim Laufen erlebe ich Wetter hautnah. Wie es an diesem Wochenende ist und wie es mir damit gehen wird, habe ich nicht in der Hand. Ich nehme es so, wie es kommt.  

3. Gras und Bäume

Und Gott sprach: Es lasse die Erde aufgehen Gras und Kraut, das Samen bringe, und fruchtbare Bäume, die ein jeder nach seiner Art Früchte tragen, in denen ihr Same ist auf der Erde. Und es geschah so. Und die Erde ließ aufgehen Gras und Kraut, das Samen bringt, ein jedes nach seiner Art, und Bäume, die da Früchte tragen, in denen ihr Same ist, ein jeder nach seiner Art. Und Gott sah, dass es gut war.

Die dritte Etappe, das sind Pflanzen und Bäume. Nicht immer habe ich beim Laufen ein Auge für meine Umgebung. Beim Stadtmarathon sehe ich die Menschen, die an der Strecke stehen, mit etwas Glück ein bekanntes Gesicht. Ein Kind, das die Hand zum Abklatschen bereithält. Ich sehe und spüre die Beschaffenheit des Bodens, Asphalt und Beton, ab und zu sogar  Kopfsteinpflaster, und aufgepasst mit den Bordsteinkanten.

Im Training fühlt es sich anders an, da genieße ich den Duft der Erde, wenn es gerade geregnet hat, und jetzt im Frühling die Blüten, auch wenn manche davon mich zum Niesen bringen. Gräser und Kräuter, Bäume und Blumen, Früchte und Blüten – wie schön ist unsere Erde. Wie grün ist unsere Stadt! Wie schön, dass sie an diesem Tag besonders den Läuferinnen und Läufern, den Fußgängern  und Radfahrern gehört.

Wie dankbar bin ich für die Früchte und Nahrung: Ein Stück Banane, ein Apfelschnitz, kühles Wasser, das klebrige Gelpäckchen, die Cola, der Iso-Drink. Kleine Wohltaten sind wichtig. Momente des Kraftschöpfens. Vielleicht unterwegs nicht der wahre Genuss, aber unverzichtbar unterwegs. 

4. Sonne und Mond

Und Gott machte zwei Lichter: ein großes Licht, das den Tag regiere, und ein kleines Licht, das die Nacht regiere, dazu auch die Sterne. Und Gott setzte sie an die Feste des Himmels, dass sie schienen auf die Erde und den Tag und die Nacht regierten und schieden Licht und Finsternis. Und Gott sah, dass es gut war. Da ward aus Abend und Morgen der vierte Tag.

Sonne, Mond und Sterne, die Fixpunkte des Universums. Orientierungshilfen am Tag und bei Nacht. Für uns Läuferinnen und Läufer sind es die Kilometerzahlen. Die Länge der Strecke definiert sich vom Ziel aus. Bald ist ein Viertel, die Hälfte, zwei Drittel geschafft. Orientierung ist wichtig unterwegs. Und das Abbiegen an der richtigen Stelle. Die Pacemaker, die dafür sorgen, dass das Tempo im richtigen Maß bleibt. Wegmarken und Zeichen, die signalisieren, dass mittendrin alles läuft.   

5. Tiere und Vögel

Und Gott sprach: Es wimmle das Wasser von lebendigem Getier, und Vögel sollen fliegen auf Erden unter der Feste des Himmels.

Die Leichtigkeit, mit der die Vögel unterwegs sind. Manche von ihnen legen unglaublich weite Strecken zurück. Auf der fünften Etappe spüre ich  die Anstrengung. Wie schön wären jetzt weite Schwingen oder Flügel.

Dann helfen gute Gedanken, die Auftrieb geben oder neuen Schwung. Du hast so viel geschafft, du kommst voran. Beim Laufen bist du doch als Mensch in deinem Element. Es geht weiter. Du bist in Bewegung. So viele Trainingsrunden waren nicht umsonst.

6. Menschen

Und Gott sprach: Lasst uns Menschen machen, ein Bild, das uns gleich sei, die da herrschen über die Fische im Meer und über die Vögel unter dem Himmel und über das Vieh und über die ganze Erde und über alles Gewürm, das auf Erden kriecht. Und Gott schuf den Menschen zu seinem Bilde, zum Bilde Gottes schuf er ihn; und schuf sie als Mann und Frau. Und Gott segnete sie und sah an alles, was er gemacht hatte, und siehe, es war sehr gut.

Auf den letzten Metern wird es nochmal richtig laut. So nah am Ziel schon, du schaffst das, komm! Aufgeben ist keine Option. Die sechste und letzte Etappe hat es noch einmal in sich. Die Muskeln melden sich zu Wort: Haltet durch.

Wie gut, wenn wir uns gegenseitig Unterstützung geben. Ein Lächeln, ein Zuruf, ein Knuff in die Seite. Bald bist du am Ziel, du hast den langen Weg geschafft. Sieh dich um, du bist nicht allein. Ihr seid viele, ihr könnt euch Mut zusprechen, ihr könnt euch heute miteinander freuen. Und habt ein Auge auf die, die jetzt kämpfen. Passt auf, dass niemand auf der Strecke bleibt. Lasst keinen allein, zieht euch gegenseitig bis zur Linie, alle miteinander habt ihr heute Großes getan. 

7. Die Ankunft im Ziel

So wurden vollendet Himmel und Erde mit ihrem ganzen Heer. Und so vollendete Gott am siebenten Tage seine Werke, die er machte, und ruhte am siebenten Tage von allen seinen Werken, die er gemacht hatte.

Stolz und Erschöpfung, Durchschnaufen, Verpusten. Die Gesichter im Ziel erzählen von Anstrengung, Schmerzen, vor allem aber auch von Freude an dem, was gelungen ist. Das letzte Schöpfungswerk, das ist die Unterbrechung. Ja, und selbst Gott hat diese Pause gebraucht, und er schenkt sie den Menschen.   

Erholung und Regeneration. Ja, es war gut! Oder es war das, was dir an diesem Tag möglich war. Deine Leistung, dein Werk. Vielleicht nicht die Bestzeit, doch das Beste gegeben. Und morgen ist ein neuer Tag.

Für heute aber ist es gut. Ein kühles Getränk, und dann gleich das zweite. Das Wiedersehen mit den Liebsten. Die High-Fives mit den Freunden, ein salziger Kuss.

Die siebte Etappe: Der Ruhetag. Und diese Ruhe ist ein wesentlicher Teil des Laufs. Du hast es geschafft, in Etappen zum Ziel. Und jetzt machst du Pause. Gott sei es gedankt.

Amen.

 

Irisches Segenswort

Möge die Straße dir entgegeneilen.

Möge der Wind immer in deinem Rücken sein.
Möge die Sonne warm auf dein Gesicht scheinen
und der Regen sanft auf deine Felder fallen.
Und bis wir uns wiedersehen,
halte Gott dich im Frieden seiner Hand.

(Quelle: https://www.ekhn.de/aktuell/gluecksegen/ueber-den-segen/segenssprueche/segenssprueche-irische-segen.html)