Geburtstagsglückwünsche im Seniorenheim

Nachricht 22. Mai 2020

Dietrich-Kuhlmann-Haus erprobt die ersten Besuche im Pflegeheim

Heimbewohnerin Margot Winter freut sich über den Besuch ihres Schwiegersohnes an ihrem Geburtstag. Foto: Sabine Dörfel

Der Besuch ihres Schwiegersohnes ist für Margot Winter das schönste Geburtstagsgeschenk. Die 92-Jährige strahlt, als Joachim Lorek auf der anderen Seite der Plexiglasscheibe Platz nimmt. Erstmals seit acht Wochen waren wieder Besucher im diakonischen Dietrich-Kuhlmann-Pflegeheim zugelassen. Und so plaudern Winter und Lorek angeregt, bis die verabredete Viertelstunde Besuchszeit vorüber ist. Einen Blumenstrauß und eine Flasche Eierlikör „für deine Geburtstagsfeier nachher mit den anderen“ hat Lorek dagelassen.

„Nachdem Besuche in Seniorenheimen jetzt offiziell wieder zugelassen sind, wollen wir erste Erfahrungen mit Kontakten unter Corona-Hygienebedingungen sammeln“, sagt Marco Battmer, Bereichsleiter des Badenstedter Heimes sowie der Einrichtung Waldeseck in Bothfeld. Die Voraussetzungen im Dietrich-Kuhlmann-Haus sind dafür ideal. Die Besucher gelangen durch einen separaten Eingang in einen großen Veranstaltungsraum, der auch vom Pflegeheim aus zugänglich ist. Eine Trennwand zwischen beiden Bereichen wird von zwei Tischen durchbrochen, auf denen jeweils eine Plexiglasscheibe steht. Besucher und Bewohner sitzen sich an den Tischen gegenüber. Körperlich nahekommen können sie sich allerdings nicht, das verhindert die Trennwand. „Ein bisschen seltsam ist das schon“, sagt Winter. „Doch es ist herrlich, endlich wieder Besuch zu haben.“ Lorek bedauert zwar die Einschränkungen, die das Hygienekonzept vorschreibt, doch „es ist eminent wichtig, dass Abstand gehalten wird.“ Auch er selber gehöre ja mit seinen 65 Jahren schon zur Risikogruppe, sagt er. Angst vor Ansteckung hat Margot Winter nicht. „Da kommen die Viren nicht durch“, sagt sie und deutet energisch auf die Plexiglasscheibe.

Jeweils acht Besucher können in den folgenden vier Wochen an zwei Tagen ins Dietrich-Kuhlmann-Haus kommen, im Waldeseck ist nur einmal in der Woche Besuchszeit. „Für uns ist das eine Testphase“, sagt Pflegedienstleiterin Claudia Bernhold. „Je nach Verlauf können  wir dann auch mehr Treffen organisieren.“ „Besuche unter den Bedingungen der Corona-Hygiene erfordern einen großen Organisationsaufwand“, erläutert Battmer. Die Mitarbeitenden müssen die Bewohner begleiten und die Besucher einweisen, zwischen den einzelnen Besuchen muss dokumentiert und desinfiziert werden. Für zwei Besuche seien jeweils drei Mitarbeiter im Einsatz, sagt der Bereichsleiter. Doch er findet es wichtig, jetzt wieder mit den Besuchen zu beginnen. „Aus Studien wissen wir, dass alte Menschen auch an Einsamkeit sterben können.“

Bewohnerschutz bleibt oberste Priorität

Die vergangenen acht Wochen hätten die rund 100 Bewohner im Dietrich-Kuhlmann-Haus sowie die 60 Senioren im Waldeseck aber relativ gut überstanden. „Viele habe Kontakte im Heim, andere bekommen auch außerhalb der Corona-Zeit wenig Besuch von Angehörigen“, sagt er. Nach seiner Beobachtung war es eher für die Angehörigen schwierig, ihre Eltern, Verwandten oder den Ehepartner nicht sehen zu können. „Wir mussten hier immer wieder Überzeugungsarbeit leisten“, erzählt er. Manche Besucher hätten dennoch versucht, auf das Heimgelände zu kommen, einem Angehörigen musste Battmer sogar mit der Polizei drohen. „Vielen war nicht bewusst, was es bedeutet, wenn das Virus ins Heim kommt“, sagt er. Glücklicherweise habe es keinen Infektions- oder Verdachtsfall in beiden diakonischen Einrichtungen gegeben.

Waren die Bewohner während der strengen Lockdown-Phase „eher entspannt“, würden sie jetzt unruhiger, bemerkt Bernhold. „Die Medien berichten täglich über neue Lockerungen, doch für uns gilt nach wie vor, dass wir hier eine Hochrisikogruppe betreuen.“ Bewohnerschutz bleibe auch in Zukunft oberste Priorität, betont Battmer. „Wir müssen mit allen Lockerungen sehr vorsichtig vorgehen, ständig die Situation neu bewerten und im Zweifelsfall lieber noch abwarten.“ Doch die Erfahrungen mit den ersten Tagen der neuen Besuchsregel seien positiv. Bei Qualitätsmanagerin Inka Schmidt-Kuhrt klingelt jetzt allerdings verstärkt das Telefon. „Viele Angehörige rufen an und wollen schnell ins Heim kommen“, berichtet sie. Um das vorgeschriebene Hygienekonzept einhalten zu können, müsse die Besucherzahl jedoch begrenzt werden. „Doch wir wollen allen Angehörigen bald einen Besuch ermöglichen, denn wir sehen ja, wie gut der Kontakt ihnen und unseren Bewohnern tut“, sagt Schmidt-Kuhrt.

Sabine Dörfel/Öffentlichkeitsarbeit im Stadtkirchenverband Hannover