Aufstehen für die Rechte der Frauen

Pressemitteilung 06. März 2020

Küsterin Estina Stein stammt aus dem Weltgebetstags-Land Simbabwe

Weltgebetstag Marktkirche
Küsterin Estina Stein lädt zum diesjährigen Weltgebetstag ein, dessen Liturgie aus Simbabwe kommt. Foto: Sabine Dörfel

Für Estina Stein ist der 6. März ein ganz besonderer Tag. Wenn in vielen Kirchen Frauen den Weltgebetstag feiern, wird sie sich wie zu Hause fühlen. Denn die Küsterin der Marktkirche Hannover kommt aus Simbabwe. Aus dem südafrikanischen Land stammt in diesem Jahr die Liturgie für den weltweit stets am ersten Freitag im März gefeierten Weltgebetstag.

Estina Stein hat schon viele Einladungen aus Kirchengemeinden bekommen. Sie soll von Simbabwe erzählen, wie die Menschen dort leben, welche besonderen Probleme die Frauen haben und was für eine Rolle die christlichen Kirchen in dem Land spielen. „Ich lebe immer noch in zwei Welten“, sagt die 48-Jährige. Die eine Welt, das  sind ihr Mann und zwei erwachsene Söhne in Hannover. Die andere ihre große Familie in Simbabwe, die Eltern, neun Geschwister, Tanten, Onkel, Cousinen, Neffen und Nichten. Mehrmals in der Woche telefoniert sie mit ihnen, sorgt aus der Ferne für ihre alleinlebende Mutter und vermittelt bei Konflikten. „Der Familienzusammenhalt  hat bei uns einen sehr hohen Stellenwert“, erzählt Stein.

Seit dem Jahr 2000 lebt sie in Hannover, ihren deutschen Mann lernte sie in Harare kennen. Nach einigen Jahren ehrenamtlicher Arbeit in Kirchengemeinden bewarb sie sich 2011 als Küsterin in der Marktkirche. „Es macht mir besonders Spaß, mit den Besuchern der Kirche ins Gespräch zu kommen“, sagt sie. „Viele erzählen mir auch von ihren Sorgen und ich freue mich, wenn ich Rat geben kann.“ Fassungslos ist sie, wenn sie hört, wie tief gespalten manche Familien in Deutschland sind. Kinder brechen den Kontakt zu ihren Eltern ab, alte Menschen leben einsam in Heimen, „das ist bei uns ein Tabu“. 

Estina Stein ist in der Holländisch Reformierten Kirche in Simbabwe groß geworden. Rund 90 Prozent der Bevölkerung gehören christlichen Kirchen an, die größten darunter sind die Anglikaner, Katholiken und unabhängige Freikirchen. Die Christinnen aus Simbabwe haben für 2020 einen Bibeltext aus dem Johannesevangelium ausgewählt: „Steh auf! Nimm deine Matte und geh‘!“ heißt es darin. Für Stein ist das die Aufforderung an die Frauen, selbstbewusst zu werden und sich für ihre Rechte einzusetzen. „Besonders in den Dörfern leben die Frauen immer noch in großer Abhängigkeit von den Männern“, erzählt sie. „Auch wenn die Kirchen Simbabwes sich für Frauen und Mädchen einsetzen, haben noch viele Kirchenvertreter Angst vor der Macht der Männer vor allem auf dem Land.“

Patriarchale Strukturen sind nicht das einzige Entwicklungshemmnis für die Frauen in Simbabwe. Wie auch die ganze Bevölkerung leiden sie unter schlechten wirtschaftlichen Bedingungen wie Inflation, überteuerte Lebensmittel oder mangelnde medizinische Versorgung. „Die Simbabwer leben von der Hand in den Mund“, sorgt sich Stein. Die wirtschaftlichen Probleme sind eine Folge jahrelanger Korruption und Misswirtschaft, verfehlter Reformen und drückender Auflagen des Internationalen Währungsfonds. Jahrzehntelang herrschte der autoritäre Präsident Robert Mugabe, 2018 übernahm sein politischer Weggefährte Mnangagwa das Amt.

Der Weltgebetstag ruft jetzt gemeinsam mit dem Bündnis erlassjahr.de zu einer Unterschriftenaktion an die Bundesregierung auf. Ziel ist eine teilweise Entschuldung des hochverschuldeten Simbabwe. Das Geld soll in Gesundheitsprogramme für die Bevölkerung investiert werden. „Ein Tropfen auf den heißen Stein“, sagt Stein und hofft dennoch, dass genügend Unterschriften gesammelt werden. Sie wird jedenfalls viele Listen dabei haben, wenn sie am Freitag, 6. März, um 18 Uhr mit anderen Frauen in der Marktkirche den Weltgebetstag feiert. Dort wird sie dann auch eine Diashow aus ihrer Heimat zeigen und von Simbabwe erzählen. Und die Besucher einladen, sich für ein paar Stunden zu Hause zu fühlen in dem Land der „Steinhäuser“, wie Simbabwe in der Shona-Sprache heißt.

Text: Sabine Dörfel